PREPAID IM ENERGIEMARKT: DISCOVERGY PLANT KOMPLETTANGEBOT
Steffen Zeck, Prepaid-Produktmanager: „Unser Ziel ist es Stromsperren in Zukunft überflüssig zu machen”
Von Martin Jendrischik. Dienstag, 02.02.2021
Was bei Handytarifen heutzutage Standard ist, wird bald auch bei Stromtarifen möglich werden: Prepaid-Tarife. Discovergy bietet Energieversorgern künftig eine umfassende End-to-End-Lösung rund um Prepaid-Geschäftsmodelle – und unterstützt damit die Digitalisierung von bislang ineffizienten, analogen Prozessen.
Neben einem Prepaid-Stromzähler liefert Discovergy u.a. eine Managementkonsole zur Kunden- und Tarifpflege, eine spezielle Prepaid-Kunden-App mit integrierter Payment-Plattform.
Im Interview berichtet unser Produktmanager Steffen Zeck über den Produktlaunch, die ersten Pilotprojekte sowie die vielschichtigen Vorteile von Prepaid-Tarifen für Energieversorger und Endkunden.
Wieso arbeitet Discovergy an einer Prepaid-Komplettlösung für Energieversorger?
Steffen Zeck: Wir sind davon überzeugt, dass sich auf der Grundlage von Prepaid-Zählern höchst attraktive Geschäftsmodelle entlang der Customer Journey des Endkunden entwickeln lassen. Mit unserer Komplettlösung helfen wir Energieversorgern, analoge, häufig ineffiziente Prozesse in die digitale Welt zu übertragen. Die Etablierung etwa von Prepaid-Tarifen für spezielle Zielgruppen wird in der digitalen Welt möglich. Grundlage der Angebote ist, dass der exakte Stromverbrauch jederzeit mit einem vorhandenem Guthaben abgeglichen werden kann.
Zunächst zur Hardware, die Discovergy bietet: Wie unterscheidet sich der Prepaid-Zähler?
Steffen Zeck: Der Prepaid-Zähler enthält, technisch gesprochen, einen sogenannten Breaker. Dieses Bauteil ermöglicht es, den Stromfluss zu unterbrechen und wieder zuzulassen. So werden Stromsperren durch Zugriff Remote von Außen möglich. Genau wie ein intelligentes Messsystem enthält der Prepaid-Zähler auch ein Smart-Meter-Gateway. Die Business-Logik liegt in der Managementkonsole, hier werden die Tarife gepflegt, und die Guthaben und Verbrauchsdaten verwaltet. Außerdem kann über einen Prepaid-Zähler auch ein gewöhnlicher Stromtarif laufen, der entsprechend gesteuert werden kann.
Welche weiteren Lösungen gehören zum Prepaid-Komplettangebot von Discovergy?
Steffen Zeck: Einerseits ist das die Managementkonsole, die die Kunden- und Tarif-Pflege ermöglicht. Darüber hinaus gehören aber weitere Module dazu wie etwa die Prepaid-App mit angeschlossener Zahlfunktion. Wichtig für Energieversorger: Sie können unsere Payment-Plattform nutzen, und darüber ganz einfach im eigenen Look & Feel die unterschiedlichen Zahlarten anbieten. Gerade die Flexibilität hier ist oft eine Hürde, die wir abnehmen. Für den Endkunden bedeutet das, dass er sich seinen Zahlungsdienstleister aus recht vielen Anbietern auswählen und sein Guthaben jederzeit darüber aufladen kann.
Was passiert bei einer Stromsperre durch säumige Zahler?
Steffen Zeck: Musste beispielsweise der Strom abgeschaltet werden, kann der Endkunde den Stromfluss selbst wieder freischalten – das Aufladen ist so komfortabel wie das Bezahlen im Online Shop. So können zum Beispiel mehrere Beträge eingezahlt werden – die Flexibilität steigt.
Wir binden auch die Zahlart barzahlen.de für unsere Kunden ein. Hier erhält der Kunde per SMS, Mail oder postalisch Zahlscheine, die er bei REWE und vielen Tankstellen und Drogerien anonymisiert bar oder per Karte einzahlen kann. Das kann natürlich auch der Verwandte oder Bekannte tun, wenn dieser denn möchte.
Wieso sollten sich Energieversorger mit Prepaid beschäftigen?
Steffen Zeck: Der Versorger profitiert, um beim Beispiel säumige Zahler zu bleiben, von Prozesskosteneinsparungen: Denn der Prepaid-Kunde kann als preissensitiver Konsument betrachtet werden, der vollkommen digital über seine Kunden-App seinen Verbrauch und seine Ausgaben steuern kann. Kunden, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden, sind jetzt in der Lage situativ zu reagieren, wenn das Geld knapp wird. Ein einziger Klick lädt das Stromguthaben wieder auf und Stromschulden werden vermieden. Insbesondere die hohen Kosten manuelle Sperren und Wiederinbetriebnahmen fallen für ihn weg.
Der Versorger profitiert genauso von diesen Prozesskosteneinsparungen. Genauso fällt das leidige Inkassothema hiermit weg. Stromsperren machen keinen der Beteiligten Spaß. Unser Ziel ist es Stromsperren in Zukunft überflüssig zu machen.
Für wen eignet sich ein solcher Tarif außerdem noch?
Steffen Zeck: Es gibt viele weitere Anwendungsbereiche - ein Beispiel sind Immobiliengesellschaften oder Betreiber von Wohnheimen oder großen Ferienparks, die häufig wechselnde Mieter haben. Kürzere Mietzeiten nehmen immer mehr zu. Durch unsere digitalen Komplettlösungen sind hier flexible Möglichkeiten für die Immobiliengesellschaften umsetzbar und der Mieter kann bequem über sein App agieren und hat Transparenz über seinen Verbrauch.
Außerdem erreichen Versorger etwa mit Digital Natives, Studenten oder Zweitwohnungsbesitzern rein digital Nischenzielgruppen, denen die beschriebenen Prepaid-Möglichkeiten ebenfalls zu Gute kommen.
Auch rund um Elektromobilität können wir uns spannende Konstrukte vorstellen, die wir gemeinsam mit Partnern entwickeln wollen. Etwa Spezialtarife, die das Aufladen des Elektroautos via Wallbox einbeziehen.
Wie weit ist Discovergy bei der Entwicklung?
Steffen Zeck: Unser Komplettangebot aus Hardware, Software und App steht jetzt für Kundenprojekte bereit. Derzeit laufen die ersten Pilotprojekte etwa mit Stadtwerken, um mit diesen Partnern gemeinsam die Digitalisierung der bislang analogen Prozesse voranzutreiben, und die Lösung an deren Angebot anzupassen. Als Dienstleister ist es unser Anspruch, hier ganz eng mit den Kunden zusammenzuarbeiten.
Welche Rolle könnten Prepaid-Zähler in 10 bis 20 Jahren spielen – werden sie zum Standard?
Steffen Zeck: Diese Frage stellt sich so nicht aus meiner Sicht. Unsere Prepaid-Zähler sind schon jetzt Zähler, die sowohl im Prepaid-Betrieb, als auch im Postpaid-Betrieb arbeiten können. Im Rahmen der digitalen Transformation und der sich ändernden Rahmenparameter, sehe ich eine sehr große Chance, dass skalierbare Verbrauchstarife ohne Grundpreis oder als Kombiprodukt mit Postpaid Verträgen ein große Rolle spielen werden.
Ein 25-Prozent-Anteil von Prepaid-Tarifen wie im Mobilfunk ist nur auf lange Sicht denkbar und hängt von vielen Faktoren ab. Trends etwa zu Kurzzeitmieten in der Vermietung oder zu kürzeren Vertragslaufzeiten beim Strombelieferungsvertrag mit kurzen Kündigungsfristen zählen bspw. dazu. Fallende Stückkosten durch Skaleneffekte beim Rollout der entsprechenden breakerfähigen intelligenten / modernen Messsysteme können auch zum schnelleren Durchbruch verhelfen.
Aber alleine schon die Digitalisierung der Grundversorgungstarife, mit den Nutzenvorteilen für den Lieferanten und seine Endkunden, bietet ein riesiges Potential.